Ein nicht gedruckter Leserbrief -
Immer wenn ein wenig Zivilcourage, Standfestigkeit in Sachen Meinungsfreiheit gefragt wird und wenn es gar um unbequeme Meinungen geht, dann haben die Redakteure der Gießener Allgemeinen Zeitung die Hosen voll. Sie sagen noch nicht einmal, warum sie einen Leserbrief nicht drucken. Das ist einfach nur arrogant und borniert. So verhalten sich nur Nullen.
Der OKB – ein „Kampfbund“ gegen die Nazis?
In den Diskussionen um das Relief des Malers Walter Kröll ist auch der Oberhessische Künstlerbund (OKB) und seine Gründung ins Blickfeld getreten. Dessen Gründung 1943, so ist auf der Homepage des OKB zu lesen, habe der „propagandistischen Einvernahme der Bildenden Kunst durch die Nationalsozialisten ein Stück bürgerlich-individuelle Freiheit und das Ideal der Freiheit der Kunst entgegen setzen“ wollen.“ Als Quelle für diese Behauptung nennt der OKB-Vorsitzende Dieter Hoffmeister einen vereinsinternen Rechenschaftsbericht des OKB-Gründers Hagenauer (1896-1975), den dieser nach 1945 verfasst habe. Dieser ist allein im Besitz des OKB; Hoffmeister will ihn offensichtlich nicht herausgeben.
Diese Version ist in Gießen begierig aufgenommen worden. Für Peter Merck, OKB-Vorsitzender 1971-1975, ist der OKB ein „politisch-oppositioneller Künstlerbund“; als künstlerischen „Kampfbund“ bezeichnet ihn Rudolf Härtl, der eine Ausstellung von Hagenauers Bildern organisierte; Dagmar Klein sieht in der Gründung ein „ungewöhnliches Ereignis“ „jenseits nationalsozialistischer Kunstdiktate“, das für „Furore“ sorgte. In der Festschrift zum 75jährigen Bestehen des OKB ist die Rede von „Protest“ und „couragierter Demonstration.“ Allerdings: es gab auch Einreden, der seinerzeitige Kulturdezernent K.F. Ertel bestritt eine Gründung aus „oppositionellen“ Motiven, da viele OKB-Mitgründer Mitglieder der NSDAP waren.
Von einem angeblichen Geist des Protestes war in der ersten Ausstellung am 12. Oktober 1943 nichts zu spüren. Die Mehrzahl der Maler zog sich in das Unverfänglichste zurück: das Landschaftsmotiv. Als Motto schien zu gelten: Nur nicht auffallen, nur nichts machen, was im entferntesten an die internationale Kunst der Zeit erinnern könnte. So gab es denn auch kein einziges abstraktes Bild.
Da es nur eine Quelle für den vermeintlichen Widerstand in der OKB-Gründung gibt und diese selbst unter Verschluss gehalten wird, kann mit Fug und Recht behauptet werden, dass Hanns Hagenauer, der Gründer des OKB, selbst der Urheber der Legende vom widerständigen OKB ist, die sich natürlich nach 1945 außerordentlich gut ausnahm.
Prof. Dr. Bruno W. Reimann, Gießen